Horner Nachtcafé am 11.11.2010:  WAR WAS?! (von Barbara Roth)


Herrchens Frauchen

 

Politisches Kabarett pur: „Herrchens Frauchen“ – Lisa Politt und Partner Gunter Schmidt  begeisterten zu ihrem 25 jährigen Bestehen mit dem Jubiläumsprogramm „War was..?!“ im Konzertsaal der Stadtteilschule Horn. Ein bissiger Abend zum Karnevalsbeginn, an dem einem nicht immer zum Lachen zumute war – und auch nicht sein sollte. 

Die Darsteller zauberten von Anbeginn mit geringem bühnentechnischem Aufwand eine äußerst intime Nähe zwischen Künstler u. Publikum. Mit einer Urne in der Hand wurde das Jammertal Deutschlands besungen: „Jetzt haben wir den Salat, jetzt ist alles aus, jetzt ist die Sache wirklich ausgereizt - Die Egoisten haben diesen Staat ausgehöhlt und jetzt ist unser schönes Land - ausgebrannt.“

Gunter Schmidt als Antagonist und „Zuspieler“ für witzige, messerscharfe Dialoge u. Szenen unterstützte Ironie, Satire und Parodie durch brillante Fingerfertigkeit am Klavier und Akkordeon (musikalische Mitarbeit: Jo Jacobs) und schaffte exzellente musikalische Rahmenbedingungen für Lisa Politt als Front-Wortakrobatin mit ihren schnellen, bitterernsten bis krachwitzigen Attacken – wie z.B. mit der Interpretation des Chansons „Der Tag wird kommen“ aus den Liedern eines jüdischen Gesellen von Georg Kreisler.

Herrchens Frauchen

Hat sich in den letzten 25 Jahren nichts geändert in Deutschland? Eine zeitkritische Reise durch alle relevanten Themen. Ob antiautoritäre Erziehung, Emanzipation mit oder ohne Alice Schwarzer, die Kanzlerin – nichts und niemand wurde verschont:

„Kann ja sein, dass die Sängerin von MTV genau so ein Hirn hat wie wir. Ich persönlich hab da wohl ein Vorurteil, vielleicht kann die ja gar nichts dafür. Die muss sich so bewegen, das steht im Vertrag, sie macht das nicht gern, ihr wär’ vielmehr danach politisch auch Mal radikal Stellung zu nehmen, würde dieser Tanzschritt ihr die Sinne nicht lähmen - Hey Baby, hey Baby.“

„Was machen eigentlich die Stones?“ - „Steinbrück, Steinmeier, Steinbach?“

Herrchens Frauchen

„Wer die Wahrheit spricht, braucht ein schnelles Pferd.“ (Chinesisches Sprichwort)

Das Publikum wurde durch die schnellen, charmant-frechen, souveränen, mitreißenden Textgebirge der stimmgewaltigen Entertainerin wahrlich gefordert.

Wer sich im Laufe des Abends darauf einließ – und es gab kaum eine Chance, sich zu entziehen – ging nicht mehr so hinaus, wie er hinein gegangen war.

Politik verkauft sich nicht? Oh doch – immer wieder...und besonders mit „Herrchens Frauchen“. Georg Kreisler: „Das Kabarett ist nicht tot, solange der Staat lebt!“

Herrchens Frauchen